Ende letzten Jahres gab es Wahlen in Ghana und Gambia. Die Ghanaer haben es wieder geschafft, einen neuen Präsidenten zu wählen, Nana Akufo-Addo. Er wurde offiziell in sein Amt eingeführt. Davon kann man in Gambia nicht sprechen. Dem gewählten Präsidenten Adama Barrow wurde der Sieg von dem seit 22 Jahren amtierenden Amtsinhaber Jammeh aberkannt. Normalerweise hätten auch Wahlen in der DR Kongo stattfinden sollen. Präsident Kabila wollte die Verfassung ändern, um weiter zu regieren zu können. Dieses ist aber an den massiven Protesten der Opposition und der Bevölkerung gescheitert. Die Wahlen fanden nicht statt. Die regierenden Schichten beachten die Gesetze des eigenen Landes kaum, erwartet das aber von der Bevölkerung.
In Kamerun gibt es seit drei Monaten einen Aufstand im englischsprachigen Teil des Landes. In der Verfassung Kameruns ist eine Föderation mit zwei Amtssprachen Englisch und Französisch verankert. Seit Jahren fühlt sich die englischsprachige Bevölkerung von der zentralen französischsprachigen Regierung unterdrückt und politisch und wirtschaftlich marginalisiert. Trotz friedlicher Proteste hat der seit 32 Jahren amtierende Präsident Paul Biya die Proteste mit aller Brutalität niedergeschlagen. Es gab mehrere Tote. Die europäische Politik hat sich bisher nicht dazu geäußert. Auch die deutschen Medien haben kaum darüber berichtet. Die jahrelange Zusammenarbeit der westlichen Regierungen mit den Diktatoren in Afrika zum Nachteil der Bevölkerung untergräbt die Anstrengungen der Zivilgesellschaft bezüglich „guter Regierungsführung“ und der Menschenrechte.
Die Ausbeutung Afrikas durch den Westen in Zusammenarbeit mit den afrikanischen Eliten geht munter weiter. Wir sollten nicht vergessen, dass bis 2050 die Bevölkerung Afrikas auf bis zu 2,4 Milliarden Menschen anwachsen wird. Ohne eine andere Wirtschaftspolitik zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Perspektiven für die Menschen vor Ort wird der Migrationsdruck auf Europa weiter zunehmen. Anstatt hohe Stacheldrahtzäune zu errichten, sollte die EU mit der Ausbeutung und dem unfairen Handel mit dem afrikanischen Kontinent aufhören. Das Handeln der EU-Politiker bremst die Probleme nur, löst sie aber nicht. Die Abkommen, die mit dem Niger, Mali und anderen Ländern getroffen wurden, um die Flüchtlinge von Europa fernzuhalten, sind typisch für Europa. Aber nicht jedes Problem lässt sich mit Geld lösen.
Wie vergesslich die Europäer nur sind: Als es Europa schlecht ging, sind schätzungsweise 60 Millionen Menschen in alle Ecken der Welt ausgewandert. Heutzutage gibt es Populisten und Nationalisten in vielen Ländern Europas, die vehement negative Stimmung gegen Flüchtlinge und Migranten verbreiten.
Die weit verbreitete negative Wahrnehmung von Migration in Europa resultiert auch aus der Art und Weise, wie die Presse berichtet. Dass einige Menschen in der Bevölkerung die Presse als „nicht vertrauenswürdig“ einstufen, sollte ein Grund zur Sorge sein. Einige Themen sind sehr komplex, aber die Presse muss verständliche Hintergrundberichte zu wichtigen Themen liefern. Häufig wird die Rolle der westlichen Unternehmen und der Politik bezüglich der Fluchtursachen nicht thematisiert. Die Menschen in Europa haben ein Recht auf diese Informationen. Wenn die Menschen aber den Eindruck haben, dass die Presse ein verlängerter Arm der Regierung und der Großunternehmen ist, entstehen Glaubwürdigkeitsprobleme. Über den Krieg in Syrien berichtet die Presse überwiegend über das Bombardement der Russen. Was machen derzeit die USA und ihre Alliierten? Man liest kaum noch etwas. Haben sie sich zurückgezogen? Wer liefert Waffen an wen? Diese Fragen werden nicht ausführlich angegangen. Aber häufig gibt es Berichte über „Flüchtlinge“ als Bedrohung für den Sozialfrieden in Europa. Hat diese Art der Berichterstattung den Nationalismus und Populismus in Europa verstärkt?
Wie berichtet die afrikanische Presse über Migration und Flüchtlinge? Africa Positive e.V. hat dazu in Kooperation mit dem Erich-Brost-Institut für Journalismus der TU Dortmund in Kenia eine Konferenz mit Journalisten und Medienmachern aus verschiedenen Ländern veranstaltet. Eine Erkenntnis war, dass Migration in vielen afrikanischen Gesellschaften positiv wahrgenommen wird. Die Rolle der Schlepper in der Flüchtlingskrise wurde sehr kontrovers diskutiert. Es gab Äußerungen wie: „sind Schlepper nicht nur Reiseagenten/Reisebüros für Reisende ohne gültige Papiere?“ und „ob das schlecht ist, wenn sie eine gefragte Dienstleistung anbieten?“
Die Europäer sollten über neue Regelungen zur Erleichterung der Einreise nachdenken, welche die illegale Migration vermindern könnten. Heutzutage reden wir von Ungerechtigkeit in der Vermögensverteilung, aber wir müssen auch über die Ungerechtigkeit bei der Reisefreiheit von einigen wenigen im Westen gegenüber vielen Menschen auf dem afrikanischen und anderen Kontinenten sprechen.
Liebe Leser, wir fangen das Jahr mit vielen kritischen Themen an, die uns zum Nachdenken bringen sollen. Genießen Sie die Lektüre, wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen.
Veye Tatah